¡Feliz Navidad!
Mit meiner Gastfamilie habe ich ein wunderschönes Weihnachten verbracht – für mich erstmals fern von zu Hause in Deutschland. Doch fange ich zunächst einmal mit dem an, was vor Weihnachten passiert ist.
Philipp und ich konnten in unseren jeweiligen Klassen der Secundaria, neben dem fortlaufenden Unterricht in der Primaria, in den wenigen Wochen vor den Ferien viel Unterrichtsstoff aus dem letzten Schuljahr wiederholen.
Für den Abschlussjahrgang der Primaria gab es eine weitere Abschiedsfeier, die man sich wie einen kleinen Abiball vorstellen kann. Die Schüler sind in Ballkleidern und Anzügen in einen kleinen Saal in der Schule eingelaufen, haben einen Paartanz zu klassischer Musik aufgeführt, es wurden Reden gehalten, individuelle Abschiedstafeln als Erinnerungen überreicht, es gab ein Mittagessen und abschließend wurde abermals getanzt, nun aber ausgelassener. Auch Philipp und ich wurden dazu herzlich eingeladen.
Zu Mariä Empfängnis hatten wir ein verlängertes Wochenende, das wir zum Reisen nutzen wollten. Von Arequipa sind wir in einem überraschend komfortablen Nachtbus mit Schlafsesseln nach Nazca aufgebrochen. In Nazca haben wir in einem kleinen 6-Personen-Flugzeug einen Rundflug über die Nazca-Linien gemacht. Die Nazca-Linien sind bis zu 20km lange Geoglyphen, die die Nazca-Kultur ca. zwischen 200 v. Chr. und 600 n. Chr. in eine Wüstenebene gescharrt hat. Danach sind wir nach Ica und in die anliegende Oase Huacachina aufgebrochen. Die Oase umgibt eine Sandwüste, die man in Peru so nicht erwarten würde und die wir mit einem Buggy und per Sandboarding erkunden durften. Am nächsten Tag wären wir zu einer Bootstour nach Paracas und zu den Islas Ballestas, bekannt für ihre Pinguine, Pelikane und Seerobben, aufgebrochen.
Dem machte uns aber die aktuelle politische Situation in Peru, von der ihr in den deutschen Medien vielleicht auch etwas mitbekommen habt, einen Strich durch die Rechnung. Denn durch Demonstrationen im Anschluss an die Festnahme des peruanischen Präsidenten, der durch einen Staatsstreich versucht hatte an der Macht zu bleiben, wurde unser Reisebus annulliert. Also haben wir versucht uns per Taxis von Privatpersonen von Ort zu Ort nach Arequipa durchzuschlagen, bis wir schließlich in einem kleinen Dorf am Meer stecken geblieben sind. Dort hatten LKW-Fahrer und Demonstranten die Straßen so blockiert, dass wir nicht mehr weitergekommen sind. In der Stadt war das Chaos ausgebrochen. Unter die überwiegend friedlichen Demonstranten hatten sich auch Protestierende gemischt, die zu mehr Gewalt bereit waren und bspw. Autoreifen auf der Straße anzündeten. Glücklicherweise konnte unser Reisebüro für uns noch ein Hostelzimmer organisieren. Am nächsten Tag haben wir dann doch ein Taxi gefunden, das aus der Stadt gefahren ist. Nach einem weiteren Zwischenstopp hatten wir es dann geschafft und waren zurück in Arequipa; mit ziemlichem Glück, denn andere mussten mehrere Tage warten, bis sie es durch die Blockaden geschafft haben.
Auch hier in der Region Arequipa wurde der Notstand ausgerufen. In der Stadt galt zeitweise eine Ausgangssperre ab 20h. Von den gewaltsamen Ausschreitungen, Straßenblockaden und Überfällen auf den Flughafen sowie auf vereinzelte Fabriken und Geschäfte bekommt man im Zentrum der Stadt wenig mit. Für einige Tage konnte man die Stadt allerdings nicht verlassen. Außerdem ist der Unterricht in der letzten Schulwoche vor den Ferien ausgefallen. Für die Weihnachtstage wurde ein Waffenstillstand zwischen Regierung und Protestierenden bis zum 02.01. ausgehandelt, was nicht heißt, das im Januar die Proteste nicht erneut aufflammen könnten. Falls ihr mehr über die politische Situation in Peru erfahren wollt, werden hier auf der Website regelmäßig Updates hochgeladen.
Trotz allem konnte ich die Weihnachtstage gemeinsam mit meiner Gastfamilie schön verbringen. Bei einem gemeinsamen Mittagessen, zu dem die erweiterte Familie zu Besuch kam, wurden Geschenke verteilt, Musik gehört und viel geredet. Am Abend sind wir zu einer weiteren Geburtstags-/Familienfeier. Immer wieder wird einem deutlich, wie stark und bedeutsam der Familienzusammenhalt in Peru ist und wie viel Zeit gemeinsam mit der Familie verbracht wird. In meiner Gastfamilie fühle ich mich, besonders jetzt zu Weihnachten, gut aufgenommen.
Herzliche Grüße aus Peru und auf bald!
Lieber Christian,
noch mehr „typisch Peruanisches“ lässt sich in einen Bericht kaum reinpacken! Wie gut das alles (auch das unnötige Risiko des Nazcafluges!) so glimpflich ausgegangen ist! Wunderbar, dass Ihre Gastfamilie Ihnen so ein unvergessliches Weihnachtsfest geschenkt hat! Kommen Sie gut ins neue Jahr und möge Ihnen dieses noch viele Facetten Perus eröffnen und zahllose, unvergesslich schöne Momente bereit halten! Herzliche Grüße auch an Philipp, Jannes und Victor!