Zweiter Monat

Schon zwei Monate sind wir mittlerweile in Arequipa und noch immer können wir jede Woche neue Sachen erleben. (Die bisher sehr abwechslungsreiche und spannende Zeit hier in Arequipa, spiegelt sich indem sich bisher tatsächlich sehr zurückhaltenden Heimweh wider.)

Dennoch haben wir uns mittlerweile schon relativ gut hier eingelebt. In unserer Partnerschule arbeiten wir mittlerweile zweimal die Woche und unterrichten dort weiterhin die Schüler in Englisch. Ich unterrichte dabei die Fünft-und-sechstklässler. Da die Schüler vor unserer Zeit hier vor Ort wirklich fast überhaupt keine Vorkenntnisse hatten, müssen wir wie schon im ersten Blogeintrag beschrieben bei den Grundlagen anfangen. Bisher habe ich meinen Schülern die doch sehr unterschiedliche Aussprache der jeweiligen Buchstaben, die ersten Begrüßungsätze, verschiedenste Vokabeln zu beispielsweise den Themen Tiere, Familie und Farben, sowie auch die Zahlen im Englischen gemacht. Dabei tuen sich viele Kinder natürlich sehr schwer, man erkennt aber das Interesse an der Sprache von einigen Kindern sofort. Gleichzeitig ist es so, dass sehr viele Kinder unsere Partnerschule aus sehr armen Verhältnissen kommen. Erkennen kann man das an nicht vorhandenen Heften oder Stiften, dreckigen Klamotten oder der Tatsache, dass sehr viele Kinder mit Hunger in die Schule kommen müssen. Tatsächlich müssen einige Schüler hier vor der Schule schon arbeiten, ihre Geschwisterkinder vorher zur Schule bringen oder sich in Einzelfällen bei Schülerinnen der Oberstufe sogar prostituieren lassen um sich ernähren zu können. Dies haben wir von unserer „Gastmutter“ Lidia, mit der wir weiterhin viel Kontakt haben, und welche als Hausmeisterin bei uns an der Schule arbeitet, in einem sehr aufklärenden Gespräch, gehört. Eine weitere Situation die mir gut in Erinnerung geblieben ist und sich dort verankert hat, ist mir im Unterricht mit einer fünften Klasse passiert, als wir das Thema Familie behandelten. Einige Kinder dieser Klasse kamen während dem Unterricht zu mir und meinten nur: „No tengo familia“, (was sich auf Deutsch ganz einfach damit übersetzen lässt, dass die Kinder eben keine Familie haben.) Aufgrund von vielen solchen Dingen und Tatsachen sind viele Schüler und Schülerinnen auch mit vielen anderen Dingen beschäftigt, sodass sich die Schule verständlicherweise oft hintenanstellen muss. Gleichzeitig machen die allermeisten Kinder in der Schule einen dennoch sehr glücklichen Eindruck, was man an freundlichen Begrüßungen, oder auch kleinen Geschenkchen merken kann! Außerdem wollen viele Schüler in den Pausen immer mit uns Fußball oder Basketball spielen und freuen sich sichtlich, wenn man mit ihnen spielt und sind gleichzeitig meistens sehr traurig, wenn ich den Klassenraum wieder verlassen muss!

Einer meiner Schüler im Unterricht an der Tafel

Das komplette Gegenteil der Armut der Schüler auf der Partnerschule erleben wir auf der deutschen Schule in Arequipa, bei welcher wir gerade dreimal die Woche arbeiten! Die Schüler dort kommen aus sehr wohlhabenden und behüteten Familien. Die schulische Ausstattung wird im Großteil aus Deutschland eingeflogen, es gibt einen Basketball/-Fußball/- und Volleyballplatz sowie eine Kletterwand auf dem Schulhof! Das gesamte Gelände ist extrem gut gepflegt und stellt somit einen kompletten Kontrast zu unserer Partnerschule her! Generell gibt es hier sehr große Unterschiede zwischen wohlhabend und absoluter Armut! An der Schule haben wir hauptsächlich den Deutschunterricht der Viertklässler (aber auch andere Klassen) begleitet und diesen meistens in Gruppenarbeit geholfen sich auf die A1- Deutschprüfungen vorzubereiten. Da diese im Dezember jetzt aber stattfinden und wir generell nach den Ferien deutlich mehr noch an unserer Partnerschule arbeiten wollen und sollen, werden wir eben nach den Ferien dort nicht mehr so viel arbeiten.

Über die deutsche Schule haben Elias und Ich auch glücklicherweise einen Basketballverein, mit einigermaßen regelmäßigem Training und auch Spielen, gefunden, welcher erstens natürlich sehr viel Spaß macht und gleichzeitig dazu führt, dass wir neben anderen Dingen mittlerweile einen relativ geregelten Alltag haben. Zusätzlich spiele ich mit einigen Leuten die ich hier kennengelernt habe auch noch Fußball. (Samstags gehen wir auch weiterhin, wenn möglich, mit dem Schulleiter der Partnerschule und seinen Freuden Fußball spielen.)

Basketballplatz bei der deutschen Schule in Arequipa

Mit den Freiwilligen die wir am Anfang unseres Aufenthaltes kennengelernt hatten und mittlerweile auch noch anderen machen wir weiterhin relativ viel zusammen und haben auch schon einige Ausflüge mit ihnen machen können, welche auf jeden Fall zu meinen Highlights bisher zählen!

Dazu gehört ein zweitägiger Trip in den Colca-Canyon, den tiefsten Canyon der Welt! Dort sind wir früh morgens um 1:30 Uhr aufgestanden und haben uns mit anderen Wanderern zusammen auf den Weg mit einem Kleinbus in Richtung Colca gemacht. In den zwei Tagen haben wir einen der größte Vogel der Welt, den Anden-Condor, die unglaubliche Natur in dem Canyon mit unterschiedlichsten Klimazonen sowie neue Tierarten (Chinchillas oder auch Mullis) kennenlernen dürfen. Übernachtet haben wir in einer traumhaften Oase unten im Canyon, wo wir das erste Mal auch Alpaka- Fleisch essen durften. Mir hat es sehr gut geschmeckt! Am nächsten Morgen um 5 Uhr ging es dann ca. 1000 Höhenmeter den sehr steinigen Weg hinauf, was aufgrund der hohen Höhe sehr anstrengend war, aber mit atemberaubenden Aussichten belohnt wurde! Zusätzlich hat uns unser Guide viel über die dort wachsenden Pflanzen und deren Funktionen erzählen können, was sehr interessant war! Wir haben auf einem Aussichtspunkt auf über 5000 Metern Pause gemacht und konnten auf dem Rückweg nach Arequipa in von Vulkanstein erhitzten Pools mit über 40° C entspannen und uns danach im danebengelegenen Gebirgsfluss abkühlen. Unglaublich spannende Tage!

Außerdem konnten wir schon die riesigen Capua-Wasserfälle in der Nähe Arequipas, verbunden mit einer kleinen aber doch wirklich sehr schönen Wanderung, besichtigen und in diesen auch Baden, oder in dem in Arequipa gelegenen Fluss Rio Chilli, eine Raftingtour machen welche wirklich sehr viel Spaß gemacht hat und uns auch durch wirklich beeindruckende Natur geführt hat!

Wir haben uns mittlerweile auch dem Einkaufverhalten der Peruaner angepasst! In den ersten zwei Wochen kannten wir die ganzen billigen Märkte auf denen fast alles angeboten wird noch überhaupt nicht und waren hauptsächlich in den im Nachhinein überteuerten Supermärkten einkaufen… Mittlerweile gehen wir die meisten Lebensmittel auf traditionellen Märkten einkaufen. Dort geben wir einerseits deutlich weniger Geld aus (beispielsweise jeweils ca. 25 ct für 1kg Möhren, Tomaten, Paprika, Zwiebeln usw. …) und lernen zusätzlich bspw. neue Früchte wie eine meiner neuen Lieblingsfrüchte die Granadilla sowie die Kaktus-Frucht oder die Chirimoya kennen.

An einige andere Sachen muss man sich weiterhin dennoch gewöhnen, dazu zählt der unglaublich chaotische Verkehr in Arequipa oder die Tatsache, dass man das Wasser abkochen oder kaufen muss (was äußerst nervig ist). Zusätzlich ist es fast unmöglich das Bussystem zu durchblicken (ich glaube nicht einmal die Peruaner selber verstehen dieses!), es gibt viele relativ aufdringliche Straßenhändler und Obdachlose (zu beiden gehören leider auch relativ häufig Kinder und die Luft in der Stadt ist etwas verpestet (was aber weniger schlimm ist). An den großen Höhenunterschied haben wir uns mittlerweile aber relativ gut gewöhnt! Die allermeisten Menschen mit denen wir hier etwas länger geredet haben sind auch weiterhin super herzlich und gastfreundlich und das Spanische funktioniert auch schon relativ gut!

Wie ihr hoffentlich durch den Blogeintrag erkennen konntet geht es uns trotz vieler Unterschiede und einigen Kulturschocks hier bisher ziemlich gut!

Hasta Pronto!

Flo

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