Hola amigos,
die letzten Wochen in Arequipa sind echt verflogen und waren so vollgepackt an Ereignissen, dass wir ganz vergessen haben Updates hier und auf Social Media zu geben. Deswegen folgt hier – ein bisschen verspätet – ein Update der letzten Wochen aus Peru.
Nachdem wir von unserer Reise im Februar zurückgekehrt waren, fing das neue Schuljahr an und für uns der tägliche Schulalltag. Ab jetzt sollten wir auch in der Secundaria als Englisch-Lehrer mithelfen, da unser Spanisch-Kenntnisse und unsere Erfahrungen als Lehrer mittlerweile gut genug waren, um auch ältere Schüler unterrichten zu können. Die Arbeit mit den Schülern der Secundaria war zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig, weil die Schüler zum Teil nicht viel jünger waren als wir. Wir mussten uns also zu Beginn ein wenig Autorität verschaffen, die notwendig war, damit wir als Lehrpersonen auch akzeptiert wurden. Das ging bei den jüngeren Klassen der Secundaria besser, als zum Beispiel bei den Elft Klässlern. Aber auch bei denen wurde es mit der Zeit immer besser. Was Spaß gemacht hat war, dass die Lernfortschritte in der Secundaria deutlich größer waren, als bei den Kleinen in der Primaria. Da die Schüler schon älter und teilweise reifer sind, wurden neue Themen viel schneller verstanden und gelernt, sodass wir teilweise auch schon anfangen konnten, Grammatik und komplexere Inhalte zu unterrichten. So haben wir beispielsweise in der siebten Klasse das Verb to be im present und past tense den Kindern beigebracht und in der elften Klasse auch schon Aufgaben im Bereich Hör- und Textverstehen gemacht. Natürlich kann man das Niveau nicht mit deutschen Verhältnissen vergleichen, es war aber trotzdem toll zu sehen, welche Fortschritte die Schüler teilweise auch durch unsere Arbeit in der Lage waren zu machen.
In der Primaria war das Niveau noch deutlich niedriger und wir haben versucht, das Lernen von neuen englischen Wörtern immer mit Spiel und Spaß zu verbinden. Das Unterrichten von Grammatik, macht in dem Stadium, in dem sich die Kinder der Primaria befinden einfach noch keinen Sinn. Viel mehr geht es darum bei den Kindern durch Spiel und Spaß Interesse für die englische Sprache zu wecken und ich glaube, dass wir das auf jeden Fall geschafft haben. Am besten ging das durch Lernspiele wie zum Beispiel Tafelfußball, das Lernen von einfachen englischen Liedern, wie zum Beispiel „Head and shoulders, knees and toes“ oder durch Arbeitsblätter auf denen die Kinder malen konnten.
Anfang März kamen Florians und mein Bruder uns besuchen. Die beiden hatten Semesterferien und wollten die Chance nutzen uns in Arequipa zu besuchen und selbst ein wenig Peru zu bereisen. Die ersten drei Tage haben wir ihnen die Stadt und das Colegio gezeigt, was viel Spaß gemacht, weil wir uns wie kleine Touristen-Guides gefühlt haben. Im Colegio haben die beiden uns auch im Unterricht besucht und haben ein wenig mitgeholfen, was für unsere Schüler natürlich super aufregend gewesen ist. Danach sind die beiden dann alleine für zehn Tage gereist und haben unter anderem auch den Salkantail-Trek zum Machu Picchu gemacht, der auch für sie ein absolutes Highlight war. Auch unsere peruanische Familie haben die beiden kennengelernt und auch wenn die Kommunikation ein wenig schwierig war, da die beiden kein spansich sprechen, haben sich beide Seiten sehr gefreut sich kennenzulernen und wir haben eine schöne Zeit zusammen mit allen verbracht. Nach ganzen sechs Monaten tat es sehr gut mal wieder den eigenen Bruder wiederzusehen, auch wenn Heimweh eigentlich nie wirklich eine größere Rolle bei uns gespielt hat.
Nach Absprache und Planung mit Frau Schaaf, haben wir es hinbekommen Mitte April eine Zoom-Konferenz mit der Peru AG und dem Direktor und einem weiteren Lehrer des Colegios zu organisieren. Florian und Ich hatten uns dafür mit dem Direktor getroffen, während sich die Peru AG in Deutschland versammelt hatte. In einer guten halben Stunde, fand ein reger Austausch statt, in dem die Schüler der AG dem Direktor alle möglichen Fragen rund um das Colegio stellten. Florian und ich fungierten währenddessen als Dolmetscher. Es war toll, dass dieses Treffen zu Stande gekommen ist, da es die Bindung der Schulpatenschafft nochmals gestärkt hat. Und auch der Direktor war sehr zufrieden über dieses Meeting und vor allem begeistert über das Engagement der Peru-AG.
Anfang Mai wurde am Colegio der Muttertag groß gefeiert. In ganz Peru hat dieser Tag eine große Bedeutung und wird sehr kräftig gefeiert. Schon Wochen zuvor fingen die Klassen der Primaria an, Tänze zu üben und Klassenräume, sowie den Schulhof zu schmücken. Am Freitag vor Muttertag fand der Festakt am Colegio statt, weshalb an diesem Tag der Unterricht ausfiel. Alle Kinder kamen fein gekleidet mit ihren Eltern in die Schule, wo ein mehrstündiges Programm stattfand. Viele Klassen führten traditionelle Tänze auf, bei denen sie tolle bunte, typisch peruanische Trachten trugen. Zum Schluss wurden die peruanische und deutsche Flagge gehisst, die Nationalhymne gesungen und ein Marsch gemacht. Danach sind wir mit dem ganzen Kollegium in ein Restaurant gefahren, um dort weiter zu feiern. In Arequipa ist es Tradition, dass sich am Muttertag alle Lehrer der Stadt treffen. In einem riesigen Großraum-Restaurant wurde deshalb dann bis spät in die Nacht lecker gespeist und bei Livemusik getanzt.
Am Sonntag, dem kalendarisch eigentlichen Muttertag wurden wir von unserer Familie zum Essen eingeladen, um gemeinsam den Muttertag zu feiern. Wir sind in ein Restaurant gegangen und haben typisches peruanisches Essen gegessen, wozu es ebenfalls Livemusik gab. Ich habe mir Rocoto Relleno bestellt. Das ist eine mit Fleisch gefüllte und mit Käse überbackene scharfe Paprika die mit Kartoffelgratin serviert wird und zu meinen Lieblingsgerichten der peruanischen Küche zählt.
Ein paar Tage später erlebten wir etwas sehr Schockierendes und Trauriges. Florian und ich gingen abends in die Schule, um in der elften Klasse zu unterrichten. Als wir ankamen, informierte uns die Klassenlehrerin, dass der Unterricht heute ausfällt, da am Vorabend ein Schüler verstorben war und in den letzten zwei Stunden des Schultages eine Gedenkfeier stattfinden sollte. Der Junge war aus der achten Klasse und hatte wohl schon vor längerer Zeit einen Unfall gehabt, bei dem er sich am Kopf verletzt hat. Nach der Einweisung und der Kontrolle im Krankenhaus, wurde dann ein Hirntumor bei ihm festgestellt. Einen Termin für eine Operation hatte es wohl schon gegeben, doch dann ist der Junge einen Tag vorher verstorben. Wir dachten, dass es sich bei der Versammlung um eine Gedenkfeier handelt, aber dann wurde auf einmal, angeführt von der Banda Musica, der Sarg auf den Schulhof getragen, gefolgt von einigen Familienangehörigen, zu denen auch seine Geschwister gehörten, die wir unterrichten. Den Sarg haben seine Schulkameraden getragen, was unglaublich traurig war anzusehen. Danach wurde die Peru-Flagge auf Halbmast gehisst, einige Reden gehalten und zum Schluss ein Trompetensolo vom Musiklehrer gespielt. Für uns war das ein sehr harter und schwieriger Abend, da die Art des Umgangs innerhalb der der Schulgemeinschaft für uns zusätzlich fremd war.
Am Sonntag, den 19. Mai fand eine Kampagne der Poliklinik Espiritu Santo für die Schüler des Colegios statt. Zwischen 8 und 12 Uhr konnten Schüler des Colegios für eine kostenlose Zahnarzt-Kontrolle in die, im Stadtteil Selva Alegre liegende, Klinik kommen. Die Klinik öffnete an diesem Tag nur für unsere Schüler und auch die Zahnärztinnen und Zahnärzte, sowie ihre Helferinnen und Helfer kamen an diesem Tag ehrenamtlich, um die Kampagne zu ermöglichen. Aufgrund dieses tollen Angebots, haben wir schon lange im Voraus unsere Schüler auf die Kampagne hingewiesen, in der Hoffnung das möglichst viele kommen. Am Tag der Kampagne waren wir auch, gemeinsam mit dem Schulleiter vor Ort, um die Kinder und ihre Eltern in Empfang zu nehmen. Alle Ärzte und Helfer haben einen tollen Job gemacht und sind super lieb mit den Kindern umgegangen. Umso trauriger war es, dass nur ein Bruchteil der Schüler gekommen ist. Nach einem ersten Schwung um 8Uhr kamen nur noch vereinzelt Schüler, was sowohl für das Ärzteteam, als auch für uns, unsere Organisation und den Direktor sehr enttäuschend war. Leider ist es so, dass viele Eltern auch sonntags arbeiten müssen und daher keine Zeit haben mit ihren Kindern zur Kampagne zu gehen. Bestimmt bestand bei einigen Familien auch die Sorge, dass bei einer Diagnose, nachfolgende Behandlungen nötig sind, welche den Familien Geld kosten und sie deshalb lieber gar nicht erst zur Untersuchung kommen. Diese Angst ist aber unbegründet, da auch eine mögliche Behandlung von der Poliklinik für die Schüler des Colegios bezahlt wird. Seine Verärgerung über die miserable Beteiligung an der Kampagne äußerte der Direktor am nächsten Tag bei einer Versammlung in der Schule. Wir hoffen sehr, dass beim nächsten Mal mehr Schüler kommen, damit solche tollen Kampagnen der Poliklinik für unsere Schule weiter stattfinden können.
Die folgenden letzten Wochen bis zu unserer Ausreise vergingen dann wie im Flug, waren aber auch nochmal ziemlich intensiv, da wir uns mittlerweile so gut an das peruanische Leben angepasst und eine starke Bindung zu unseren Freunden und unserer Familie aufgebaut hatten. Um so stärker haben wir dann die letzten Tage am Colegio mit unseren Schülern und die Zeit mit unseren Freunden und Familie genossen. Am letzten Wochenende haben wir eine Abschiedsfeier mit all unseren peruanischen und deutschen Freunden vor Ort gemacht. Diese konnten wir auf der Dachterrasse von einem Restaurant machen, das einem Freund von uns gehört. Gemeinsam mit all den lieben Menschen, die wir in den acht Monaten kennengelernt haben, haben wir dann den Abend miteinander verbracht und uns schließlich schweren Herzens voneinander verabschiedet. Am darauffolgenden Montag fand dann die Verabschiedung in der Schule statt. Dort fand eine große Versammlung statt, an der alle Lehrer und Schüler teilnahmen. Zuerst wurden die peruanische und danach, von uns die deutsche Flagge gehisst und die beiden Hymnen gesungen.
Danach wurden dann von mehreren Lehrern, dem Direktor und auch einigen Schülern Dankesreden gehalten. Zum Schluss wurden wir dann noch beschenkt und haben auch selber noch ein paar Dankesworte an die Schulgemeinschaft gerichtet. Danach gab es noch ein gemeinsames Mittagessen mit dem Kollegium, wo ebenfalls nochmal verschiedene Dankesreden für uns gehalten wurden. Der ganze Tag und die Zeremonie waren sehr rührend, da wir gemerkt haben, was für eine große Bedeutung wir als Personen, aber auch unsere Schulpatenschaft und Deutschland für jeden einzelnen dort hat. Und so eine ausführliche und große Verabschiedungszeremonie erlebt man glaub ich kein zweites Mal im Leben. Bereits in der letzten Schulwoche hatten wir uns im kleineren Kreis von unseren Klassen und Schülern verabschiedet, was sehr traurig war. In vielen Klassen wurden wir auch reich beschenkt und haben lange gebraucht, um voneinander Abschied nehmen zu können.
Am letzten Abend haben wir uns dann noch von unserer Gastfamilie verabschiedet. Gemeinsam sind wir, wie am ersten Tag unseres Aufenthalts, in die Polleria gegangen und haben ein letztes mal das leckerste Pollo der Welt gegessen. Danach sind wir dann noch zu ihnen nach Hause gegangen und haben den Abend zusammen ausklingen lassen. Gemeinsam haben wir nochmal die gemeinsame Zeit revuepassieren lassen, was teilweise sehr emotional war. Danach mussten wir dann schweren Herzens voneinander Abschied nehmen, mit dem Versprechen uns eines Tages wiederzusehen.
Am nächsten Morgen ging es dann früh morgens los zum Flughafen. Wir hatten uns gewünscht, dass Omar, ein Lehrer vom Colegio und guter Freund, uns zum Flughafen fährt. Omar hatte uns damals bei unserer Ankunft auch vom Flughafen abgeholt. Einfach eine Perfect Story.