Unserer Besuch im Polyklinikum Espiritu Santo

Hallo und willkommen zurück auf unseren Freiwilligenblog!
Mittlerweile befinden wir uns mittten in der Adventszeit und die ersten beiden Monate in Arequipa liegen hinter uns.
In dieser Zeit haben wir drei uns einen neuen Alltag in unser Leben aufgebaut.
Heute möchte ich über ein Erlebnis erzählen, was wir letzte Woche erlebt haben und uns geholfen hat, die Dinge die wir hier erleben besser zu verstehen. Letzte Woche haben wir nämlich eine Führung durch das Polyklinikum Espiritu Santo bekommen und ein langes Gespräch mit den Mitarbeitern geführt, bei dem wir über die Kooperation zwischen dem Polyklinikum und unserer Partnerschule reflektiert haben.
Das Polyklinikum Espiritu Santo, das hauptsächlich durch den deutschen Pfarrer Josef „José“ Schmidpeter ins Leben gerufen worden ist, befindet sich genauso wie unsere Partnerschule im Stadtteil Alto Selva Alegre. Das Polyklinikum hat es sich zur Aufgabe gemacht die unzureichende medizinische Versorgung der ärmeren Teilen der Bevölkerung zu verbessern und auch ihnen zugänglich zu machen. So bietet das Polyklinikum, welches über moderne technologische Geräte verfügt, Untersuchungen und Behandlungen zu einem sehr günstigen Preis an. In anderen medizinischen Einrichtungen ist dies nicht gewährleistet und medizinische Versorgung sehr teuer und für die meisten unbezahlbar.
Unserer Verein hat eine Kooperation mit dem Polyklinik, so können sich die Schülerinnen und Schüler gratis untersuchen lassen. Bei Bedarf können Behandlungen stattfinden, welche die Familien finanziell nicht stark belasten. Wenn Familien, nicht in der Lage sind die Kosten zu stemmen, übernimmt der Verein die Kosten.
Nach der Führung durch das neunstöckige Polyklinik, haben wir ein langes Gespräch mit Victor Escobedo Tupia geführt, welcher der adminstrielle Leiter der Polyklinik ist. Bei diesem Gespräch redeten wir darüber, was bei unserer Kooperation noch besser laufen kann und vorallem was wir drei dafür tuen können. Es wurde uns klar, dass die Gründe warum das Polyklinikum nicht so stark besucht wird , wie es möglich wäre, mit fundamentalen Problemen in der peruanischen Gesellschaft übereinstimmen.
Victor erzählt uns nämlich, dass die soziale Stellung und Autorität in Peru einen hohen Stellenwert besitzt, der durch alle Bereiche der Gesellschaft läuft. Er erklärt uns, dass vorallem die Eltern der Kinder große Angst vor medizinischen Behandlungen haben, da sie fürchten, das ihr soziales Ansehen in der autoritären Gesellschaft geschadet wird. Viele Peruaner schämen sich dafür, wenn sie medizinische Behandlungen beziehen, da es als persönliche Schwäche angesehen wird. Aus Angst vor öffentlicher Erniedrigung, gehen viele Peruaner (besonders aus ärmeren Bevölkerungsschichten) nicht zum Arzt und genießen somit auch keine medizinische Behandlung. Victor vermutet, dass ein großer Teil der Kinder auf unserer Partnerschule noch nie eine medizinische Einrichtung von innen gesehen haben. Die Folgen dieser Mentalität sind unter anderen katastrophale Ohren-, Zahn- und Augenhygenie, besonders bei Kindern. Sehr viele von unseren Schülerinnen und Schülern haben Karies und müssen immer nach vorne kommen um von der Tafel ablesen zu können.
Im Allgemeinen ist zu bedauern, dass bei vielen Haushälten in Vierteln wie Alto Selva Alegre die Lage der medizinischen Versorgung miserabel ist , auch wenn so großartige Initiativen wie das Polyklinikum existieren.

Diese autoritäre Struktur der peruanischen Gesellschaft beobachte ich auch beispielsweise in meinen Englischunterricht. Meine Anschaffungen eines Grammatikbuches und von Wörterbüchern, die als Hilfe für Englisch dienen sollen, werden von den Schülern und Schülerinnen aus Angst vor sozialer Erniedrung nicht benutzt. Nach dem Unterricht berichten mir sonst sehr neugierige Schülerinnen, dass der Scham davor das andere Mitschüler böse reagieren könnten, sie davon abhält diese Hilfe wahrzunehmen. Das Bittere ist, dass diese Mitschüler bestimmt dieselbe Frage sich stellen oder dasselbe Wort nicht kennen, sie aber niemand ausspricht.
Das hierarchische System, was es in Peru gibt, führt also dazu das Hilfe zum Teil nicht angenommen wird. Somit wird zum Teil die Wirksamkeit sozialen Projekten sehr schwierig.

Es muss denoch betont werden, dass sich ein Wandel in den letzten 20-30 Jahren in der peruanischen Gesellschaft entwickelt hat, welche diese soziale Strukturen aufbricht. So berichtet Victor, dass die allgemeine gesundheitliche Lage sich deutlich verbessert hat. Immer mehr Peruaner nehmen diese Einrichtungen wahr und besuchen sie regelmäßig. Im Vergleich zum letzten Jahr haben sich 2024 mehr Schülerinnen behandeln lassen. Auch die Anzahl an kostenlosen Behandlung ist gestiegen. Uns rät er in der Schule weiter für die Kooperation zu werben und immer wieder die Schülerinnen zu erinnern das dieses Angebot besteht.
Auch ich persönlich versuche meine Autorität als Lehrer aufzubrechen und den Kindern zu vermitteln, dass ich oft Fehler in Englisch mache, auch wenn es für sie möglicherweise nicht so wirkt. Ich hoffe ich kann somit den Kindern mit auf den Weg geben, dass die Angst Fehler zu machen, nicht förderlich ist, um eine neue Sprache zu lernen. Stattdessen sind Hilfsmittel wie Wörter-und Grammatikbücher notwendig , um die Sprachkenntnisse zu verbessern und auf langer Sicht Fortschritt beim Lernen zu erleben.
Abschließend kann ich sagen, dass der Besuch beim Polyklinik ist eine sehr wertvolle Erfahrung für uns drei gewesen ist. Uns wurde nochmal klar wie wichtig die Kooperation zwischen dem Polyklinik und unserem Verein ist. So hoffen wir,dass der positive Trend von diesen Jahr auch im nächsten Jahr weitergeht!

Wir im Gespräch mit Victor.

Unserer Besuch im Polyklinikum Espiritu Santo

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